maja hoffmann diplomarbeit kommunikationsdesign fh düsseldorf ss 2010
referenten prof. dr. fuder, stv. prof. irmgard sonnen
von der zeit
der berühmte französische philosoph und literat paul valéry schreibt in seinen überlegungen zur zeit:
„müsste ich die zeit darlegen, so würde ich mit der aufzeichnung jener ausdrücke beginnen,
in denen dieser name vorkommt:
zeit verlieren,
zeit haben usw.
es braucht eine bestimmte zeit.
die zeit, um etwas zu machen.
es ist höchste zeit (...)“
vgl.: valery, paul, cahiers 4 s. 147; (hsgb:) köhler, schmidt-radefeld; übersetztung köhler, looser, schmidt-radefeld, wais; fischer-verlag 1990
wie verarbeite ich den zeitdruck?
zeitdruck ist ein alltägliches phänomen unserer heutigen gesellschaft, welches in vielerlei hinsicht
unser handeln beeinflußt. in der regel führt dies zu beschleunigtem verhalten und wenig überlegten
reaktionen, welche überwiegend durch passivität kompensiert werden. durch kreatives,
aktives schaffen kann diese passivität überwunden werden.
mein ziel ist es, die beschleunigung der zeit, die immer schnellere abfolge von geschehnissen in einem buch
sichtbar, erfahrbar zu machen. anstatt mich dem zeitdruck unterzuordnen, instrumentalisiere ich diesen,
um eine schaffensphase zu generieren. ziel ist es, eine vita activa und eine vita contemplativa nicht im gegensatz
zueinander stehen zu lassen, sondern sie in einen unmittelbaren zusammenhang zu bringen und eine daraus
resultierende kausalkette wiederzuspiegeln.
zeitfindling ist eine freie künstlerische arbeit zum begriff der zeit im weitesten sinne,
die aber nicht den anspruch erhebt, eine allgemeingültige definition zu transportieren. vielmehr gilt es,
im selbstversuch das eigene empfinden von zeit und die daraus resultierende persönliche bedeutung zu finden.
darüber hinaus sei es dem betrachter gestattet, auch sein subjektives erleben von zeit zu hinterfragen.
die anordnung von bild und text ist orientiert an der sog. arbitraritätsmethode.
die bedeutung von arbitrarität (in lat. arbitrarius) der semiologie nach saussure besagt,
dass ein gegebener ausdruck eine bestimmte bedeutung hat, rein willkürlich sei.
die bedeutung besteht aufgrund von konventionen, also semantischen bedeutungsregeln.
ferdinand de saussure stellt das arbiträre dem motivierten, also dem gut begründeten gegenüber.
nach jacques lacan in weiterführung zu de saussure können durch die arbitrarität signifikant
und signifikat entkoppelt sein. gleichwohl kann diese entkopplung in der wechselseitigen verweisung
von bild und text neue beziehungen produzieren.
vgl.: kjørup, søren, semiotik, wilhelm fink 2009, s. 15
aus einem emotionalen druck heraus sind die bilder in einer schnellen arbeitsweise entstanden.
dennoch wird die schnelligkeit nicht in den bildern transportiert, eher in eine beruhigende
wirkung umgewandelt. das medium transportiert also eine andere information, als ihm gegeben wurde.
in den bildern lässt sich eine metarmorphose aus beschleunigung in entschleunigung nachvollziehen.
die einzelbilder können als individuen betrachtet werden, dennoch bestechen sie durch ähnlichkeiten
und lassen sich durch eben diese zu einer einheit bündeln. eigenzeit und lineare zeitbetrachtung.
der betrachter wird durch die größe des originalformats 90 cm x 2 meter zu einer konfrontation angeregt,
seine aufmerksamkeit wird paradox stillgestellt und bewegt. der grad der bildrealistik arbeitet mit einem
verstärkten abstraktionsgrad und abitrarirätsgrad. die abstraktivität der bilder wirft fragen auf und regt an,
selber antworten zu finden. die kontemplative und beruhigende wirkung schafft raum zur besinnung
über sein eigenes zeitempfinden.
zeit ist selbstbestimmt und situativ.
zeitempfinden ändert sich ständig und ist von äusseren einflüssen abhängig.
mit der zeit ändert sich zeit.